Heiligenstädter Anzeiger: Eine wundersame Nacht mit Überraschungen

Aus dem fernen St. Petersburg reiste die „Russische Kammerphilharmonie“ in das kleine Heilbad Heiligenstadt an, um den Heiligenstädtern und ihren zahlreichen Gästen an einem musikalischen Erlebnis teilhaben zu lassen. Ein gefragtes Kammerorchester dessen Repertoire vom Barock bis zur Moderne reicht. Das Orchester wurde geleitet von Juri Gilbo, der ebenfalls aus St. Petersburg kommt. Er leitet dieses Orchester seit 12 Jahren, mit großem Erfolg.

Mit dem Orchester reiste ein Solist an, der scheinbar in der ganzen Welt zu Hause ist bzw. der die Welt mit seinen Melodient erfreut.

Giora Feidman. 1936 im fernen Buenos Aires geboren, Sohn jüdischer Einwanderer. Wenn man die Virtuosität hört und auch sieht muss man meinen, er sei mit einer Klarinette in der Hand geboren worden. Er liebt nicht nur sein Instrument sondern er ist verliebt in die Klarinette. „Sie ist mein Freund, und wie behandelt man enge Freunde? Mit Liebe und Respekt“, schwärmt der 76 Jährige. Von frühster Jugend an muß er in dieses herrliche Instrument verliebt gewesen sein und durch sein Üben es schon früh zur perfekten Meisterschaft gebracht haben. Schon mit 18 Jahren wurde er in ein weltbekanntes Orchester aufgenommen, zwei Jahre später folgte er dem Ruf nach Israel in das Philharmonic Orchestra. Die jüdische Klesmer-Musik hatte es ihm angetan, sie wurde seine Berufung. Nach seinem Weggang aus Israel verschlug es ihn nach New York, dort wurde er der „King of Klesmer“ und weltberühmt. Durch seine Musik will er die Völker miteinander verbinden, einander näher bringen, dass sie sich einander verstehen. Das ist sein großer Traum und dafür spielt er sich, mit seiner Musik, mit seinem Instrument, in die Herzen der Menschen.

Pünktlich, die Glocken der St. Marienkirche riefen die 21. Stunde aus erklang ganz leise Musik, zärtlich, liebevoll schmeichelnd vernahm man die ersten Töne dieses prächtigen Abends. Der Mann der sein Instrument als Freund bezeichnet: „Ich spiele meine Klarinette um meine Gefühle mit den Menschen zu teilen“. So spielte er sich nun zwei Stunden lang in die Herzen der Eichsfelder, löste deren Erstarrung vor diesem weltbekannten Künstler (welcher er eigentlich nicht sein will).

Die Klarinette, ein Instrument mit dem man alle Situationen im Leben der Völker ausdrücken kann, sie klingt hell, dann freudig, schmelchelt und kann auch tiefste Traurigkeit ausdrücken. Sie erinnert an diesem Abend an die Freude aber auch an die Leiden des jüdischen Volkes weltweit. Aber nicht nur dies, Beethoven interpretiert er ebenso gefühlvoll aber auch Nationalhymnen erklingen gekonnt. Die Zuhörer des Abends animiert er so lange zum mitsingen, zu mitsummen bis sie am Ende schon allein zu singen beginnen. Dieser Mann, Giora Feidman, hat sein Ziel erreicht, sein Instrument und die Zuhörer des Abends sind Freunde geworden. Das Publikum forderte immer wieder Zugaben, aber einmal verklingt auch das Feuerwerk der Musik.

Allmählich geht die Musik in das anschließende Feuerwerk über. So zart wie der Konzertabend begonnen hatte so zurückhaltend beginnt zunächst das Feuerwerk. Genau wie bei der Musik entwickelte es sich zu einem Feuerwerk der Extraklasse. Immer schöner, immer farbiger wurde das, was sich vor der Kulisse der Marienkirche abspielte. Schon fast schmerzlich war dann die plötzlich eintredende Stille im Barockgarten.

Heiligenstadt hat wiederum ein Erlebnis gehabt was selten oder gar nicht in solch einer kleinen Stadt geboten wird. Dank sagen möchte ich an dieser Stelle, und das sicher auch im Namen der Zuhörer, für dieses musikalische Erlebnis, für diese wunderbare Nacht. Danke, Danke euch allen.